Pontische Tänze

Es gibt sehr viele pontische Tänze, und immer noch werden neue entdeckt oder besondere Variationen gefunden. Wir möchten an dieser Stelle einen kleinen Einblick in Geschichte und Hintergründiges zum Thema Tanz allgemein und zu pontischen Tänzen im Besonderen ermöglichen und eine kleine Auswahl von Tänzen, die bei Jannis besonders oft getanzt werden, detaillierter vorstellen:

Geschichte – Hintergründe – Aktuelles 
Apó pan ke ka 
Dipát (Trapesuntischer Omál)
Elmatsúk oder Almatsúk
Empropís (Kerasúntischer Omál)
Juwalántum und Armenítsa
Kiséla oder Anephorítsa
Kots
Kotsagél
Kótsari
Lets – Letsína
Milítsa
Omál
Patúla oder Pipilomátena
Pyrrhíchios oder Sérra oder Masér
Sampsón
Saríkus
Seranítsa
Tik
Trygóna

 

 

 Geschichte – Hintergründe – Aktuelles

Der Tanz gilt als eine der wichtigsten und ursprünglichsten Ausdrucksformen in der Kunst. Er ist das Medium, mit dem das Volk Geschehnisse und Besonderheiten des täglichen Lebens künstlerisch darstellt. Tanz als gesellschaftlicher Ausdruck findet sich in allen Gesellschaftsschichten, ist jedoch ganz besonders bei der Landbevölkerung ausgeprägt und kultiviert. 

Die pontischen Tänze haben ihren Ursprung direkt in den Tänzen des antiken Griechenland, die vielfach bestimmten Gottheiten gewidmet waren. Sie sind Gesellschaftstänze, die – je nach Anlass – unterschiedliche tänzerische Schwerpunkte aufweisen; sie werden in kriegerische, religiös-rituelle und friedliche Tänze unterschieden. Ihr geselliger Charakter zeigt sich darin, dass es Kreis- und Gruppentänze sind. Sie haben eine große Bedeutung für das pontische Volk, weil sie halfen, seine Tradition und Identität zu erhalten, sowohl im Pontos während der Besetzung durch die Osmanen (bis 1922), als auch in Griechenland, wo sich die Pontier nach der "Entwurzelung" Anfang der Zwanzigerjahre ansiedelten. 

Im Pontos war der Tanz stets eng mit dem alltäglichen Leben verbunden. Es gab kein Ereignis, das nicht von Tanz begleitet war. Er diente nicht nur dem Vergnügen, sondern einigte das Volk während der Unterdrückung durch osmanische Herrscher, indem er identitätsstiftend wirkte. 

An den pontischen Tänzen nimmt, zusammen mit dem tanzenden Volk, auch der Lyraspieler teil. Bei den Tänzen, die von seinem Lied begleitet werden, tanzt auch er selbst mit seiner Lyra. Er läuft von einem Ende zum anderen, von einem Tänzer zum anderen, er springt im Rhythmus mit den Tänzern und zeigt sich von einer unbeherrschten, enthusiastischen, dionysischen Seite. Die Pontier haben Rhythmus im Blut, daher sind auch viele ihrer Tänze rhythmisch und lebhaft. 

Die meisten pontischen Tänze waren reine Männer- oder Frauentänze. Es gab nur wenige gemischte Tänze, die auch nur zu bestimmten Anlässen getanzt wurden. Zum Beispiel Kotsagél, der bei einer Hochzeit als letzter Tanz von allen Verwandten des Brautpaares getanzt wird, oder bei den sogenannten Kodespiniaká-Tänzen, die so hießen, weil sie von den erwachsenen Männern und Frauen getanzt und manchmal sogar von einer Frau angeführt wurden (Kodéspina = Hausherrin). Zu den Kodespiniaká gehören der Omál, der Dipát und der Tik. Heute werden alle Tänze gemischt getanzt, mit Ausnahme von Pyrrhíchios, der nur von Männern (oder Frauen in der Männertracht) getanzt wurde und wird. 

Der größte Teil der pontischen Gesellschaft war bäurisch. Natürlich drückten sich viele Aspekte des pontischen landwirtschaftlichen Lebens in den Tänzen aus. So kennen wir viele friedliche Bauerntänze, z.B. Trygóna, Kótsari, Saríkus. Die religiös-rituellen Tänze offenbarten die Treue der Pontier zu ihren Sitten und Gebräuchen und den Respekt vor den Werten der Gesellschaft, in der sie lebten. Zu den religiös-rituellen Tänzen gehören die Hochzeitstänze wie z.B. Thímisma und Kotsagél. Der einzige kriegerische Tanz ist der Pyrrhíchios
In schwierigen Situationen einigte der Tanz die Pontier und gab ihnen Kraft. 

Der pontische Tanz ist ein Gruppentanz, und es gibt keine Standort- oder Klassenunterschiede, keinen Besten oder Schlechtesten. Der Kreis der Tänzer vereinigte alle zusammen und das "ich" verschmolz im "wir". Der Erste wird zum Letzten und der Letzte zum Ersten im Tanzkreis. Der pontische Tänzer strebt nicht danach, sich besonders hervorzuheben, wie es bei anderen, nicht pontischen Tänzen geschieht, aber er erstrebt den Aufstieg und die Auszeichnung der ganzen Gruppen durch eine gute Zusammenarbeit. In einer pontischen Tanzgruppe spricht man nicht davon, dass ein Einzelner besonders gut ist, sondern wie gut die Gruppe in ihrer Gänze tanzt, weil ein jeder Mitglied der Gemeinschaft und dadurch verpflichtet ist, durch seine Teilnahme einen Beitrag zum harmonischen Erscheinungsbild der Gruppe zu leisten. 

Offiziell werden heute 50 bis 80 pontische Tänze gezählt. Einige von ihnen sind weit verbreitet und wurden und werden überall getanzt, aber es gibt auch solche, die kaum bekannt sind. Jede Region des Pontos hatte ihre eigenen spezifisch-regionalen Tänze. Im Pontos herrschten sehr unterschiedliche Klimaverhältnisse, die den Stil der Tänze deutlich beeinflussten: Der Charakter der Städte und Dörfer, die an den Gestaden des Schwarzen Meeres lagen, war ganz anders als der der Siedlungen an der pontischen Mittelmeerregion, deren Landschaftsbild überwiegend von Gebirgen geprägt war. Ob Binnenküste, im Gebirge oder am Mittelmeer, ja sogar von Landstrich zu Landstrich lassen sich unterschiedliche Tanzstile beobachten: So wurde ein und derselbe Tanz in verschiedenen Gebieten mit unterschiedlichem Stil getanzt, entsprechend den unterschiedlichen klimatischen, landwirtschaftlichen und ethnisch bedingten Einflüssen im Westen und im Osten des Pontos. Die Tänze im Osten und über die Grenzen des Pontos im Kaukasus hinaus weisen häufig schnelle Rhythmen und temperamentvolle Schritte auf, während die Tänze an den Ufern des Schwarzen Meeres eher ruhig und getragen waren. Es gab natürlich auch spezielle lokale Tänze, die ausschließlich in bestimmten Dörfern und Gegenden bekannt waren und getanzt wurden. Oft tragen sie den Namen dieser Orte. Der Tanz Támsara z.B. wurde in dem gleichnamigen, in der Nähe von Nikópolis gelegenen Dorf getanzt. In diesem Dorf lebten Griechen, Osmanen und Armenier nebeneinander. Und wie pontischen Tanz Támsara, gibt es entsprechend auch einen osmanischen und einen armenischen Tanz des selben Namens, die sich jedoch sowohl in der Musik als auch in den Schritten deutlich voneinander unterscheiden.

 

nachoben

 

Apó pan ke ka

Ein Tanz aus der Gegend Ak-Dag-Matén, was "Bergwerk des weißen Berges" bedeutet. Die Einwohner besiedelten dieses Gebiet nach der Schließung der Bergwerke von "Arjyrúpoli".
Der Tanz basiert auf dem "Tik" und stellt eine der vielen regionalen Adaptionen dar.

 

nachoben

 

Dipát (Trapesundéikon Omál)

Ein langsamer Tanz für alle PontierInnen, der zu jeder Gelegenheit und mit großer Würde getanzt wird. Der Name "Dipát" wird zurückgeführt auf "dyo patímata" = zwei Schritte, was sowohl auf den langsam schreitenden Tanzstil als auch auf die letzten beiden Schritte einer Schrittfolge verweist. Die Tanzenden bewegen sich hauptsächlich zur Kreismitte und wieder zurück, sodass der offene Kreis sich nicht, wie sonst häufig der Fall, weiterbewegt. Traditionellerweise stehen die Musiker in der Kreismitte und singen die Strophen vor, die dann von den TänzerInnen wiederholt werden.
Er gehört zu den Hochzeitstänzen. Mit dieser Musik verlässt der Bräutigam das Haus, um seine Braut abzuholen und von dort in die Kirche zu gehen.

 

nachoben

 

Elmatsúk oder Armatsúk

Diesen Bauerntanz tanzten die Pontier aus dem Kaukasus und aus Sewástia. Der Name des Tanzes ist türkisch: "Élma" heißt Apfel und "Elmatsúk" ist der kleine Apfel, das Äpfelchen.

 

nachoben

 

Empropís (Kerasuntéikon Omál)

Schon in den alten Schriften wird erwähnt, dass der Syrtós schon immer in ganz Griechenland zu den regional typischen Musiken in unterschiedlichen Spielarten getanzt wurde – so wie wir es auch heute kennen. Empropís gilt als der pontische Syrtós, dessen Musik allerdings, im Gegensatz zum üblichen 2/4-Takt des Syrtós (der 7/8-Takt des Kalamatianós ist eine Ausnahme) im 9/8-Takt gespielt wird. Im Gegensatz zum typischen Syrtós-Rhythmus "lang – kurz – kurz" gibt der pontische Syrtós "lang – kurz – lang" vor.

 

nachoben

 

Ju(r)walándum und Armenítsa

Dieser Tanz ist aus Ak-Dag-Matén und Sewástia bekannt. Er wird eng untergehakt in weit ausholenden Schlangenlinien oder in Spiralform getanzt – auf Zuruf vorwärts oder rückwärts. Armenítsa, eine Spielart des Juwalándum, wurde zur selben Musik in Matsúka südlich von Trapesúnt getanzt.

 

nachoben

 

Kiséla oder Anephorítsa

Kiséla ist ein Hirtentanz aus der pontischen Region von Matsúkas – südlich von Trapesúnt. Ähnlich wie im Deutschen die Liesl ist Kiséla ein häufiger Ruf- oder Kosename für Kühe. Bei Aufführungen bildet dieser Tanz heute oft den ersten Teil einer Suite von drei Tänzen, bestehend aus "Kiséla – Kalón Koríts – Seranítsa".

 

nachoben

 

Kots

Dieser Frauentanz wurde in ganz Pontos getanzt. Bezeichnend für diesen Tanz ist, dass zweimal betont die Ferse aufgesetzt wird: "sto kots". "Kots" ist das pontische Wort für Ferse und hat dem Tanz seinen Namen gegeben.

 

nachoben

 

Kotsagél

Der Kotsagél ist der pontische Labyrinth-Tanz. Labyrinth-Tänze werden in ganz Griechenland in unterschiedlichen Variationen getanzt. Der Tanz verdankt seinen Namen dem Labyrinth der Minoischen Paläste. Die Wurzeln dieser Tänze liegen weit in der Vergangenheit. Sie werden mit der Schlange in Verbindung gebracht, der Schutzgöttin des Hauses. Der pontische Labyrinth-Tanz, der Kotsagél, zeichnet die Form eines "U" nach, die rechte Hand des ersten Tänzers ist hoch erhoben und symbolisiert den Kopf der Schlange. Dieser Tanz wird am letzten Tag der Hochzeit von den Verwandten von Braut und Bräutigam getanzt; so werden beide Familien in einem Kreis vereint.

 

nachoben

 

Kótsari

Dieser Tanz wird von der Landbevölkerung im Süden des Pontos getanzt, speziell von den Pontosgriechen des Kaukasus. Sein Name bezeichnet das pontische Wort für Widder, den Ziegenbock, das heilige Tier in der Dionysos-Verehrung. Die schnellen, federnden, beidfüßigen Bewegungen der TänzerInnen erinnern an die Sprünge der Ziegenböcke in der Brunft, zu Frühlingsanfang, der Zeit der religiösen Verehrung des Dionysos. An die Verehrung des Gottes, der ursprünglich der Patron der Bauern war, erinnern auch die ersten Schritte des Tanzes, die schon in der Antike bei Aufführungen von den Tänzern ausgeführt wurden, um auf die Bühne zu kommen. 
"Stamátima", eine typische Figur im Kótsari, ein kurzes "Verhalten" im Verlauf des Tanzes, gilt als ein Element der antiken religiösen Verehrung und ist bis heute in der pontischen Tanztradition erhalten geblieben. Während ihrer magischen Gottesdienste stoppten die Tänzer plötzlich, um dann erneut zu beginnen mit dem Ziel, die Aufmerksamkeit der Zuschauer oder der angebeteten Gottheit zu erringen.

 

nachoben

 

Lets – Letsína

Letsína ist der Tanz der Pontosgriechen aus dem Kaukasus. Er zeitigt das höchste Tempo von allen pontischen Tänzen und wird sehr temperamentvoll und mit hohen Schritten getanzt. Es gibt eine langsame Variante namens Lets oder Létsi, die gerne dem temporeichen Letsína sozusagen als Einleitung vorangeht. 
Es gibt eine Interpretation, nach der Lets und Letsina ein Falkenpaar sind (das türkische Wort lecin bedeutet Falke); Lets ist das behäbigere Männchen und Letsína das flinkere Weibchen – womit die verschiedenen Temperamente der beiden Tanzversionen erklärt werden. Diese Sichtweise ist naheliegend, jedoch nicht verbürgt.

 

nachoben

 

Milítsa

Milítsa kommt von Mílo (Apfel) und bedeutet "kleiner Apfel". Es ist ein Frauentanz, der im geschlossenen Kreis zu einer ganz bestimmten Melodie ohne Liedtext getanzt wird.

 

nachoben

 

Miteritsa

Dieser Tanz kam aus Europa und hat neugriechischen Liedtext. Er wurde in den Städten am Meer und den Salons von Trapesúnt getanzt. Er gilt als Liebestanz, durch den jeder erkannte, wer wen liebte. Seinen Namen hat er aus dem im Lied besungenen Mädchen:

Meine süße Miterítsa
Ich habe eine Liebste
weiß, weiß wie Milch
weich wie Watte

Er wird im Kreis getanzt, wobei ein Tänzer pro Durchlauf vor einer Tänzerin stehen bleibt, sie begrüßt, zum Tanz auffordert, mit ihr eine Runde dreht und sie wieder an ihren Platz zurückbegleitet.

 

nachoben

 

Omál

Der Omál mit seinen sechs Schritten und einem einfachen musikalischen Rhythmus – gleichwohl jedoch mit sehr abwechslungsreichen Musiken und Liedern – ist der vielleicht bekannteste und verbreiteteste pontische Tanz. Für jeden Tänzer, der pontische Tänze erlernen möchte, gehört er – zusammen mit "Dipát" und "Tik" zu den Grundlagentänzen.
Die Schritte sind leicht zu erlernen, dennoch gehört auch hier das typisch pontische Federn aus den Knien heraus unbedingt dazu und vermittelt Neulingen einen guten Eindruck in die Grundstruktur pontischer Tänze.
Omál bedeutet "gleichförmig", d.h. für alle TänzerInnen steht der gemeinsame Tanz im Vordergrund, was dem Einzelnen zwar minimale Spielarten bei den Schritten gestattet, wo sich jedoch niemand durch ausgefallene Figuren o.Ä. besonders hervortut.
Neben dieser einfachen Form existiert noch eine Fülle von regionalen Tänzen mit der Bezeichnung oder dem Beinamen "Omál", die je nach Herkunftsregion jedoch eigenständige und völlig verschiedene Tänze sein können.

 

nachoben

 

Patúla oder Pipilomátena

Dieser einfache, leicht gehüpfte Frauentanz wurde im gesamten Pontosgebiet getanzt. Pipilomátena ist ein Mädchen, das kleine oder mandelförmige Augen hat – ihm ist der Liedtext gewidmet. Patúla ist ein weiblicher Kosename und bedeutet "zart wie Schneeflocken" oder auch rundlich oder mit lockigem Haar (nach dem türkischen Wort "patúl", welches das wollige Fell eines Schafes bezeichnet).

 

nachoben

 

Pyrrhíchios oder Sérra oder Masér

Dies ist der Tanz, der am deutlichsten von Mut und Tapferkeit (Lewendiá) der Pontier erzählt; er stellt den Höhepunkt der pontischen Tänze dar. Er ist ein sehr alter, panhellenischer Kriegstanz, der schon zu mythischen Zeiten bezeugt wird. 
Strávonas, ein Geograf und Historiker des Altertums aus Amásia, einer pontischen Stadt, nennt Neoptólemos, den Sohn des Achilles, der auch unter dem Namen Pyrrhus bekannt ist, den "Erfinder" des Tanzes. Xenophon, der berühmte Philosoph und Feldherr, erwähnt ihn im 6. Buch der "Anábasis". Er erzählt von einem Fest während der Heimreise vom Feldzug gegen den Großkönig bei einer Rast im Pontos, bei dem Krieger aus verschiedenen Gegenden Griechenlands Tänze in kriegerischer Tracht, mit Waffen, viel Akrobatik und hohen Sprüngen darboten. Dort heißt es: "Die Paphlagonier, die zusahen, hielten es für etwas Außerordentliches, dass alle diese Tänze in Waffen ausgeführt würden. Als der Myser sah, wie sie darüber verblüfft waren, überredete einen Arkadier, der eine Tänzerin besaß, und führte sie vor, nachdem er sie aufs Schönste ausstaffiert und ihr einen leichten Schild gegeben hatte. Sie tanzte elegant die Pyrrhíche. Da klatschte alles Beifall…". 
Nach Platon bedeutet Pyrrhíchios "Waffentanz", ein den Krieg symbolisierender Tanz, in dessen Verlauf Angriff und Verteidigung dargestellt werden. Platon hielt es übrigens für unerlässlich, dass sich Frauen und Mädchen ebenso wie Männer und Knaben im Waffentanz und überhaupt im Kriegswesen übten. Er macht darauf aufmerksam, "dass es ungezählte Massen von Weibern gibt am Pontos, Sauromantinnen genannt, denen ganz die gleichen Übungen und Leistungen wie den Männern vorgeschrieben sind nicht nur im Reiten, sondern auch im Bogenschießen und den übrigen Waffenkünsten". (Platon, Gesetze, 7. Buch) 
Damals wie heute wird der Pyrrhíchios auf zwei Arten und (fast) nur von Männern getanzt. Bei der einen umkreisen sich zwei mit Messern bewaffnete Männer mit tänzerischen Bewegungen, sie ringen und versuchen, sich gegenseitig zu besiegen. Diese Version wird bis heute unter der Bezeichnung "Masér" (von griechisch "machéri" = Messer) getanzt. Bei der zweiten Variante fassen sich die Krieger-Tänzer im Reigen an den Händen. Sie sind bewaffnet und bereit zum gemeinsamen Kampf. Diese Art des Pyrrhíchios wird heute unter der Bezeichnung "Sérra" getanzt. "Sérra" wurde er möglicherweise deshalb genannt, weil er an einem gleichnamigen pontischen Flusses sehr verbreitet war (nahe der pontischen Stadt Plátana).

 

nachoben

 

Sampsón

Dieser Tanz wurde in der Region Sampsón anstelle von Sérra getanzt. Es ist ein sehr temperamentvoller Tanz, zu dem nur eine bestimmte Melodie ohne Liedtext gehört. Das Tempo der Musik wird kontinuierlich gesteigert, sodass die eigentlich recht einfachen Schritte großes tänzerisches Können und viel Tanzerfahrung verlangen, um bei dem hohen Schlusstempo noch mithalten zu können.

 

nachoben

 

Saríkus

Der Name dieses Tanzes kommt aus dem Türkischen und bedeutet "blondes Mädchen", wobei einige Interpretationen darauf hinauslaufen, dass das "blonde Mädchen" den reifen Weizenhalm symbolisiere. Es ist ein ländlicher Tanz mit symbolischen Bezügen zu Saat und Ernte von Getreide. 
"Saríkus" war in vielen verschiedenen pontischen Regionen unter demselben Namen, manchmal jedoch mit unterschiedlicher Musik bekannt (Kaukasus, Trapesúnt, Arjyrúpoli, Heríena, Mbáphra u. a.).

 

nachoben

 

Seranítsa

Die Seranítsa ist ein sehr schneller, lebendiger Tanz vom südwestlichen Pontos aus Seriánna, wovon auch der Name Serenítsa abgeleitet ist. Eine hübsche – allerdings historisch nicht belegte – Interpretation des Namens des Tanzes läuft darauf hinaus, dass sich darin ein Gruß an Königin Anna verstecke: "Hérete i Annítsa" entspricht "gegrüßt sei Annitsa" (die Koseform von Anna) – danach wäre der Tanz zu Ehren der Königin Anna aufgeführt worden.

 

nachoben

 

Tik

Dieser von Männern und Frauen getanzte Tanz ist einer der originärsten und bekanntesten Pontos-Tänze. Schon der Name "Tik" (aufrecht) drückt den Mut, die Tatkraft ("Lewendiá") und den Stolz der pontischen Seele aus. Der Tanz wird sehr "tik"-aufrecht getanzt. Charakteristisch ist die deutliche Betonung, fast eine Unterbrechung (spásimo) in der Bewegung, die aus dem Knie heraus bei allen Schritten getanzt wird. 
Tik gibt es in unterschiedlichen Tempi und Variationen. Die verbreitetesten reichen vom recht langsam und behäbigen"Tik Argón" (der eine leichte Steigerung des Tempos im zweiten Teil aufweist) und dem "Tik so gónaton" (Knie-Tik mit betontem Beugen der Knie) über den flotteren "Tik diplón" (doppelter Tik) bis hin zum sehr schnellen und temperamentvollen "Tik tromachtón" (zitternder oder bebender Tik), dem die Musik ein so hohes Tempo vorgibt, dass die Schritte winzig klein und fast nur noch aus den Knien heraus getanzt werden können und dabei der ganze Körper erbebt. Dieser schnelle Tik bildet den Grundschritt zum kriegerischen Tanz "Sérra".
Darüber hinaus sind noch viele regionale Variationen des Tik bekannt.

 

nachoben

 

Trygóna

Dieser Bauerntanz wurde im gesamten Pontos getanzt. Die Nachforschungen über diesen Tanz führen bis zu den dionysischen Festen der Antike anlässlich der Ernte und der Weinlese. Hinweise für diesen Zusammenhang sind

  • der Name des Tanzes selbst;
  • der Beginn des Tanzes, der an den Bühnenauftritt der Tänzer antiker Aufführungen erinnert;
  • die Zweizeiler des Liedes "Trygóna" haben ein bestimmtes Versmaß (Tetrameter). Die Betonung der ersten Silbe entspricht einem Charakteristikum dionysischer Gedichte (Dithiramben = kunstvolle Reigenlieder des Dionysos). Aus heutiger Sicht waren dies oft ordinäre, vulgäre Lieder zur Weinlese. Diese ordinären und vulgären Elemente sind jedoch verloren gegangen; erhalten geblieben sind dagegen die satyrischen Texte;
  • die Bewegungen der Arme und Beine, die das Sammeln und Treten der Trauben symbolisieren könnten.

Nach einer anderen Interpretation symbolisiert der Tanz "Trygóna" das Holzsammeln. Diese Version stützt sich auf den Textinhalt einiger der Dithiramben.

Hier könnt ihr den Text im PDF Format ansehen/herunterladen